Dwa Oświecenia. Polacy, Żydzi i ich drogi do nowoczesności

DANKSCHREIBEN an den (oder die) Herrn Verfasser der Kritischen Bemerkungen über das Projekt einer Französischen Uebersetzung des Babylonischen Talmuds. WARSCHAU, in der Schulbuchdruckerei. 1827. Dieser wichtige Vortheil (einer Uebersetzung des Talmuds) allein muss den Völkern, unter denen Juden leben, ein Antrieb seyn, alle die Schwierigkeiten und den Widerwillen zu besiegen, womit ein solches Unternehmen verknüpft seyn mag, um so mehr, da diesen Völkern die ungemeine Sorgfalt aufgefallenseyn muss, mit welcher die Juden gemeiniglich die Talmudischen Lehren ihren Blicken zu entziehen suchen. Poln. Miscellen I. B.I.H. S. 21. MEIN HERR oder MEINE HERREN! Dank Ihnen, herzlichen, innigen Dank, für das ungemeine Vergnügen und die besondere Freude, die Sie mir durch Ihren herrlichen, scharfsinnigen Aufsatz gegen die unwissenden Ankläger unseres heiligen Talmuds verursacht haben. Dank, tausendfachen Dank Ihnen, für all die gründlichen Lehren, vortrefflichen An-und Zurechtweisungen, die Sie in diesem allerliebsten Schriftchen einem Jeden so verschwenderisch mittheilen. Ich sage einem Jeden: denn nicht nur der sich gelehrt Dünkende, sondern auch der wahre und wirkliche Gelehrte muss durch Ihre Erklärungen erleuchtet werden und an neuen und hellen Einsichten gewinnen. Welch einen Schatz von Gelehrsamkeit entdecken Sie nicht unsern blöden Augen! Wie vielen Stoff zum Nachdenken ! Welch eine Fülle von Gedanken und welchen Ueberschwang an neuen eigen - und volksthümlichen Ideen! Wahrlich grössern Reichthum hat man nie in kleinerm Raume gefunden. Das nenne ich gründlich und unwiderlegbar vertheidigen! Das heisst seine Feinde niederdonnern, die krasse Unwissenheit in ihren Kerker zurückbannen, die Schmach seiner Nation abwälzen und deren Ehre ins hellste Tageslicht stellen! Und doch, (sollte man es glauben ?) und doch, (o der Unvollkommenheit des Menschen!) findet sich in Ihrer köstlichen Broschüre Manches, was Sie bei reiferer Ueberlegung gar anders gesagt, oder gar vielleicht ausgelassen hätten; Manches, das Ihnen durch Groll und Uebereilung eingegeben wurde, und wiederum Manches, das gar als Irrthum von Ihren Gegnern betrachtet werden könnte. Ohne Zweifel ist Ihnen der köstliche Spruch unseres heiligen Talmuds bekannt: Wisse, oder überlege, was du dem Epikurüer zu erwiedern hast, welches so viel heissen will, dass wir, in ähnlichen Streitfällen, als Sie jetzt für Ihren Glauben kämpfen, Alles, was wir behaupten, höchst reiflich überlegen und uns nicht von unserem gerechten Zorn und Feuereifer der Religion hinreissen lassen sollen. Ein einziges, nicht genau überdachtes, oder gar zur Unzeit ausgesprochenes Wort, kann unsern Gegnern als Waffe dienen, das Falsche ihrer Ansichten zu übertünchen und das Wahre unserer Behauptung zu verdunkeln. Mögen Sie demnach, mein Herr, oder meine Herren! folgende Anmerkungen hinsichtlich Ihrer licht vollen Kritik anzuhören geruhen, und im Falle, dass ich, aus Mangel an Einsicht, geirrt habe, ersuche ich Sie ergebenst um Nachsicht und Belehrung. Gleich im Anfange machen Sie den Projektirern (wie Sie die vorgeblichen Uebersetzer des Talmuds so sarkastisch nennen!) den beissenden Vorwurf, dass dieselben eine Französische Uebersetzung zum Behufe einer Reform der Polnischen Israëliten vorschlagen. Nun muss ich Ihnen aufrichtig gestehen, dass die Benennung Projektirer, trotz des edlen Endzwecks, den Sie dadurch erreichen wollen, mir bei einer solchen wichtigen Angelegenheit nicht passend scheint. Sie wissen, dass unsere Gegner dem Talmud den Vorwurf des Intolerantismus, der Rachgier und der Unversöhnlichkeit machen. Wenn wir demnach den Talmud vertheidigen, so sollten wir uns bemühen, jeden Ausdruck zu vermeiden, der den Vorwurf unserer Ankläger noch mehr bekräftigt, und uns den Ansche in giebt, als sähen wir eine Enthüllung der Talmudischen Lehren mit Augen der Missgunst oder der Furcht an. Wir müssen im Gegentheil glauben machen, dass wir der Verbreitung der Talmudischen Weisheit mit Sehnsucht entgegenharren. Auch der ironische Vorwurf, dass die Uebersetzer eine Französische Uebersetzung zur Reform der Polnischen Juden vorschlagen, ist mehr witzig als gegründet. Denn es heisst in dem kritisirten Projekte: von der Nothwendigkeit einer Uebersetzung u. s. w. zum Behufe einer Reform der Juden, vorzüglich in Polen. Nun haben Sie das Wärtchen vorzüglich wohlweislich zwar nur in der Note einpassiren lassen, doch giebt Dieses dem so subtilen Vorwurfe einen tüchtigen Stoss. Noch mehr, wenn man das Projekt nur nicht unaufmerksam durchgeht, so ersehen wir, dass die Projektirer eine Französische Uebersetzung des Talmuds nicht den Polnischen Juden zu ihrer eigenen Reform vorschlagen, sondern den Regierungen Europas als Hülfsmittel, diese so häufig besprochene Umbildung hervorbringen zu können. Wenn Sie demnach die Worte der Projektirer sehr künstlich und genial zu versetzen wussten, wenn es Ihnen meisterhaft gelungen ist, einen Satz aus der Redekette herauszureissen und denselben in seiner gänzlichen Lächerlichkeit zur Schau zu stellen (eine Kunst, deren wir uns sehr oft bedienen müssen, um die einen Anschein des Rechts tragenden Beschuldigungen zu vernichten und manche anffallende Lücken auszufüllen) so hätten Sie dennoch bey dieser Gelegenheit vorsichtiger zu Werke gehen sollen, damit nicht unsere Gegner durch diese Bresche auf uns eindringen und mit dem Ausrufe: O jener eitlen Geistesarmuth, Die von der Rede blendendem Gepränge Des Reichthums Miene borgt und mit ihr wuchert! den Werth unserer gerechten Sache herabwürdigen. Sie machen ferner den Projektirern den Vorwurf, dass Sie sich selbst einen Verein von einigen einsichtsvollen Christen und aufrichtigen Israëliten nennen, und rechnen Ihnen dieses, zwar nur verstohlen, als eine Anmassung an. Was wollen Sie eigentlich damit sagen? Sollte es denn unmöglich seyn, einige Einsicht bei Christen und einige Aufrichtigkeit bei Israëliten zu finden? O! welch ein Schwerdt geben Sie nicht durch dieses halbe Selbstgeständniss in die Hand unserer Feinde! Ich will hier nicht all die Stellen aus unsern Rabbinischen Schriften anführen, die die Gerechtigkeit Ihrer Behauptung unwiderlegbar erweisen, doch bedenken Sie nur, dass Ihr Werkchen blos für Nichtjuden bestimmt war. O der blinden Leidenschaft, Die in ihrem aufgeregten Zorn Eignes Wohl lässt ausser Acht! Noch mehr, Sie schliessen bemeldeten Satz mit den Worten, dass diese Ankündigung die Aufmerksamkeit der Denker erregt habe. Da Sie sich nun über diese Ankündigung so kurz und doch so ausführlich auslassen, so geben Sie damit zu verstehen, dass Sie sich zu der Zahl dieser Denker rechnen. Nun hat zwar das Wörtchen Denker bei uns Israëliten sehr wenig zu bedeuten, bei den an der Bedeutung des todten Buchstabens klebenden Christen aber will dieses Wörtlein sehr viel sagen. Letztere behaupten nämlich, dass, wer sich Denker nennt, vor Allem richtig denken müsse. Um gehörig und richtig zu denken, bedürfe man einer Kenntniss, die sie Logica nennen; diese Logica zu erwerben, bedürfe es nun wiederum noch mehr anderer Kenntnisse und Wissenschaften, die mit dieser Kenntniss verzweigt sind. Nun zweifele ich keinesweges, dass sie alle diese zum Denken erforderlichen Kenntnisse in reichlichem Maasse besitzen; (Ihre Schrift giebt ja das herrlichste Zeugniss davon!) doch da Sie den Projektirern den Vorwurf der Eigenliebe und Anmaassung machen, so sollten Sie alle Gelegenheiten vermeiden, wo Ihnen derselbe Vorwurf auf den Hals geschickt werden könnte. Ja, Sie schliessen sogar diese ganze Periode mit den Worten: Um so mehr sehe ich mich (oder wir uns) zu diesem Schritte verpflichtet, da ich voraus sehe, dass die zu liefernde Uebersetzung der Ankündigung entsprechen werde. Wozu diese Prophezeiung? Warum sich mit zukünftigen Dingen beschäfftigen, während die gegenwärtigen, wie Sie selbst so kräftig beweisen, so vielen Stoff für die Verbreitung der Wahrheit und Enthüllung der Falschheit darbieten? Werden sich nicht unsere Gegner dieser in Unschuld und Lauterkeit des Herzens sich angemaassten Kraft des Vorhersehens als Waffe gegen Sie bedienen? Sie, der Sie Anmaassung so sehr tadeln, wehe uns, wenn die Gegner, gar mit der Stelle im Talmud bekannt seyn sollten, wo es heisst: Seitdem der Tempel zerstört ist, wurde die Kraft zu prophezeien den Prophete entnommen und den Thoren übergeben. Mit Stillschweigen übergehe ich, sagen Sie ferner, alle die in dieser Ankündigung enthaltenen harten Beschuldigungen wider die Religionslehren der Israëliten. Warum und wozu die Stillschweigen und dieses Uebergehen, erkühne ich mich zu fragen? Hat Sie vielleicht der witzige H., wie sein Freund Herr Wolfssohn in dem köstlichen Werkchen Jeschurun uns berichtet, dazu verleitet! Es sagt nämlich derselbe: Die Juden ahmen hierin ihrem Könige Hiskia nach, sie schweigen, weil auch dieser zu den Lästerungen Sanheribs gegen Jehova schwieg, erwarten aber auch dafür eine zweite Erscheinung des Engels, der in einer Nacht sümmtliche Lüsterer, wie damals 185tausend Soldaten Sanheribs, zu Boden stürzen werde (1). Dass Sie nun bemeldetes Werkchen, diese Zuflucht in den Zeiten unserer Noth, beim Niederschreiben Ihrer gelehrten kritischen Bemerkungen vor Augen liegen hatten, werde ich in der Folge ausser Zweifel bringen, doch dass dieser Witzfunken die Gluten ihres gläubigen Vertrauens dermaassen anflammte, dass Sie übernatürliche Dinge vom Himmel herab erwarten, hätte ich kaum vermuthet. Sagt ja unser heilige Talmud selbst: mankönne sich nicht (1) Siehe Jeschurun pag: 27. auf Wunder verlassen, und dass nicht alle Tage Wunder geschehen. Noch mehr, hätten Sie Ihre Einwürfe gegen die Behauptungen der Verlaümder nicht einseitig gemacht, hätten Sie den weisen Rath unseres heiligen Talmuds, dass Schweigen der Weisheit Bollwerk sey, nicht halb nur erfüllt, oder die Worte des weisen Salomo zu Herzen genommen, der Nichtreden so sehr anempfiehlt, dass er sogar behauptet, auch der Narr, so da schweigt, wird für Hlug gehalten, und also ganz und gar geschwiegen, so würde dieses gänzliche Schweigen, diese Hingebung, dieses auf heiligen Glauben gegründete Vertrauen ohne Zweifel das erwartete Wunder herbeigeführt haben: denn Ihnen ist wohl am bessten bekannt, was der Glaube bei unserer Nation für Wunder hervorbringt. Da Sie aber dem Beispiele des Königs Usia folgten, der nicht auf Gott, sondern auf Aerzte vertrauete, und also gesprochen, wo Sie schweigen, und geschwiegen, wo sie reden sollten, so haben Sie durch diesen Halbglauben Unheil über Israel gebracht. Die Gründe, die Sie für Ihr Stillschweigen anführen, dass nämlich diese Beschuldigungen bei keinem redlich und human denkenden Manne Eingang finden, beim vorurtheilsvollen aber selbst durch die krüftigsten Gründe unwiderlegbar sind, dass ferner diese Beschuldigungen nur aufgefrischte, verschimmelte Brocken seyen u. s. w. sind ganz und gar nicht geeignet, die uns angethane Schmach abzuwälzen und Ihr Stillschweigen in schönen Farben darzustellen: denn gerade dem redlich und human Denkenden müsste dieses Uebergehen solcher wichtigen Punkte am meisten auffallen. Er könnte gar in seines Herzens Einfalt schliessen, dass, da diese Beschuldigungeu von einem Vereine christlicher und jüdischer Mitglieder gemacht werden, die doch bei allem dem, wenn sie sich erkühnen, die Uebersetzung eines solchen ungeheuren Werkes öffentlich anzukündigen, etwas Hebräisch und Rabbinisch verstehen müssen, so mögedoch an diesen Beschuldigungen etwas Wahres seyn; sey es auch nur so viel, als an aufgefrischten verschimmelten Brocken. Ueberhaupt ist es ein sehr irriger Vorwurf Ihrerseits, dass diese Beschuldigungen nicht originell und nicht neu sind. Hier ist die Frage, sind dieselben wahr oder falsch? Werden unsere Lehren mit Recht oder Unrecht angeklagt? Ich wiederhole demnach: wozu dieses Stillschweigen zur Zeit, wo Reden von solcher Wichtigkeit ist? Warum nicht mit kräftigem Fuss der Schlange auf den Nacken treten? Nicht beantwortenswerth sind der Verfasser Anklagen, fahren Sie p. 7 fort, dass der Talmud alle Gefühle der Menschlichkeit, der Bruderliebe und der Ehrfurcht gegen die rechtmüssige Obrigkeit mit bilterer Galle schwängere, denn diesessind anerkannte Unwahrheilen u. s. w. Schon wieder dieselbe Enthaltsamkeit! Schon wieder das Hinwegschlüpfen über die wichtigsten Punkte! Sie führen zwar, jedoch nur in einer Note, drei Beispiele von den trefflichen humanen Sagen und Lehren des Talmuds zu seiner Vertheidigung an, doch ist die Auswahl derselben nicht die allerbesste. Selbst die erste Citation vom Traktat Sanhedrin fol: 39. col: 2. kann ich kaum billigen. Es ist zwar dieselbe eine Perle, mit welcher sich so viele unserer Vertheidiger geschmückt haben. Doch hätten Sie den Traktat und die Seite, wo diese Stelle sich findet, nicht anführen sollen, damit unsere Gegner nicht im Talmud nachschlagen und sehen, wie derselbe das Gesagte zu widerrufen scheint, indem er behauptet, Gott selbst freue sich zwar nicht über den Fall der Frevler, erlaube aber, dass sich Andere darüber freuen. Sie wissen doch auch, dass der Talmud anempfiehlt, immer auf das Ende einer Periode Rücksicht zu nehmen und, wie mich deucht, den sogar einen Thoren nennt, der solches unterlässt. Noch nachtheiliger könnte es für Sie werden, dass Ihre Uebersetzung dieser Stelle zufälliger Weise wörtlich und buchstäblich dieselbe ist, die Herr Wolfsohn in seinem Jeschurun p. 79 davon gemacht. Es ist zwar dieses nur ein desto grösserer Beweis Ihrer Treue im Uebersetzen gleicher Stellen, doch wer kann verhindern, dass nicht die gallige Verläumdung diesen Zufall nach ihrer Art und Weise deute? In der zweiten Uebersetzung der Stelle aus dem Traktat Sabbath fol. 31. col. 1 begehen Sie sogar die unverzeihliche Unvorsichtigkeit, die Antwort Hillels an den Fremden, der sich bekehren wollte: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst zu übersetzen, während es doch im Texte heisst: Was dir nicht lieb ist, das thue auch deinem Nächsten nicht. Sie werden mir doch wohl eingestehen, dass ein wesentlicher Unterschied in diesen beiden Uebersetzungen statt findet, und wenn Sie den berühmten Commentator Rabi Samuel Edels (ohne welchen doch kein vernünftiger Jude eine Zeile im Talmud liest) nachgeschlagen hätten, so würden Sie gefunden haben, dass sich derselbe viele Mühe giebt, den Hillel, der hier von der heiligen Schrift abweicht, zu vertheidigen. Es ist zwar diese Untreue mit der Treue Ihres Religionseifers zu entschuldigen. Es scheint, dass Sie das Unzulängliche dieser Maxime eingesehen und ihm durch eine sinnähnliche Uebersetzung abhelfen wollten; doch hätten Sie wiederum bedenken sollen, dass unser Talmud solche Zuvorkommenheiten missbilligt, und höchstweisslich ausspricht: Wer zu vermehren sucht, der vermindert. Zufälliger Weise fällt mir das Werkchen Bne Zion in die Hand, und, e Wunder! ich finde p. 142 dieselbe Stelle citirt und eben so falsch übersetzt. Sollte es möglich seyn, dass Sie, mein Hochgelahrter und Redlich - gesinnter, zum Kopiren Zuflucht nehmen und Verfälschungen nachschreiben? Sie machen den Projektirern den gerechten Vorwurf der Unwissenheit und Untreue, bemühen sich zu beweisen, dass dieselben Uebersetzungen der Uebersetzungen machen, und führen so schön undpassend das Talmudische Sprichwort an: Gewöhnlich beschuldigt der Beleidiger mit seinen eigenen Fehlern den Beleidigten. Was werden Sie nun thun, wenn Ihre Feinde Ihnen diesen gemachten Vorwurf nebst dem Sprichworte wieder zurück - und nachwerfen? Ueberhaupt weiss ich im Ganzen nicht, warum Sie gerade diese Stelle citirt haben: gesetzt auch, es hiesse im Talmusischen Texte: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, so wissen Sie ja, dass die Christen (versteht sich mit Unrecht) uns beschuldigen, dass wir das Wörtlein Nächsten nur auf uns beziehen und nur unsere Religionsgenossen darunter verstehen, sie stützen sich sogar auf mehrere Stellen im Talmud z. B. auf die in Baba Kama fol. 38 p. 1 u. d. m. Selbst im dritten Citate aus dem Traktat Abot, Bete für das Wohl der Landesobrigkeit: denn ohne Ehrfurcht vor dieser würde ein Mensch den andern verschlingen, ist die Uebersetzung nicht gewissenhaft, denn es heisst nicht ohne Ehrfurcht vor dieser, sondern ohne Furcht (1) vor dieser. Nun ist doch wohl ein bedeutender Unterschied zwischen den Wörtlein Ehrfurcht und Furcht, und der Sinn, jenachdem ich das eine oder das andere dieser Wörtlein in einem Satze gebrauche, wesentlich verschieden. Sie hätten um so mehr hier Furcht vor der Obrigkeit übersetzen sollen, da wir im Talmud finden, dass Rabi Jehuda der Heilige seinem Sohne anrieth, deswegen den Zoll nicht zu verheimlichen, weil er ertappt werden und dadurch sein Vermögen verlieren könne. Ist dies etwa Ehrfurcht! Sie verzeihen demnach, wenn ich Sie in meinem gerechten Unwillen über Ihre Verbesserungen frage: Dünken Sie sich denn weiser, als unsere Weisen selbst? Bei Ihrer Gelehrsamkeit, bei Ihrem Scharfsinn, bei dieser nur Ihnen eigenen Kunst, Räthsel zu lösen und Allegorien zu entziffern, wäre es Ihnen doch ein Leichtes gewesen, aus jeder Zeile im Talmud humane und edle Maximen herauszubringen: warum also nach Zweideutigkeiten haschen! (1) Das Abstractum Mora hat in der heiligen Schrift keine andere Bedeutung als Furcht (timor, terror): Eure Furcht (Moraachem); und euer Schrecken, heisst es Genesis 9. 2., sey über alles Wild des Landes. Sollten denn die kritischen Herrn Bemerker auch hier Ehrfurcht übersetzen wollen? O sanctissimum Talmud! wie wahr, wie ewig wahr ist jedes deiner Worte! Wie eintreffend selbst das mindeste deiner Sprüchlein! Du kanntest die Wirkungen deiner Lehren und sprachst im begeisterten Ueberzeugtseyn: Scharfsinn wird oft von Thorheit begleitet. Pag: 8. 9. 10. machen Sie den Projektirern die unwiderlegbaren Vorwürfe: a. dass sie vorzüglich dem Eisenmenger oder mehrern dergleichen Schriftstellern ihre Probestückchen zu verdanken haben, b. dass die Uebersetzer den Maimonides, Nachmanides u. a. m. nicht nachgesehen und daher die Agada als einen authentischen Theil des Talmuds gerechnet haben, und endlich: c. dass die Uebersetzer einseitig zu Werke gegangen seyen, die Agada buchstüblich genommen, der moralischen ücht religiösen Stellen derselben nicht erwähnen, und also nur ihren Judenhass an den Tag legen. Das Gerechte und Triftige dieser Vorwürfe fällt nun einem jeden Unbefangenen in die Augen; doch, aufrichtig zu sagen, kränkt es mich ungemein, dass Sie, wie Sie selbst p. 10. behaupten, über häuftige Unwahrheiten, Widersprüche und Ungereimtheiten gleich einem kleinen Schmetterling hinwegfliegen, während Sie bey solchen Vorwürfen anhalten, die unsere Gegner ab- oder gar verwerfen können. Nur das Aufdecken jener Unwahrheiten, Widerprüche und Ungereimtheiten (von denen doch jede Zeile der Ankündigung wimmelt,) könnte uns zu unserem Ziele sicher führen, die Erscheinung der vorgeschlagenen Uebersetzung verhindern und den Mund der Projektirer auf ewig schliessen. Gestehen Sie nur selbst, könnten nicht unsere Feinde diese drei ihnen gemachten Vorwürfe durch folgende Gründe vernichten, wenn sie nämlich behaupteten: a. Wir gestehen zwar selbst, den Eisenmenger vor Augen gehabt zu haben, doch was schadet nun dieses? Hat denn wer bewiesen, dass seine Auszüge falsch oder von ihm missverstanden worden seyen? Führt er nicht den Text Hebräisch an? Bezeichnet er nicht genau all die Seiten oder Columnen, wo sich seine Auszüge befinden, so dass jeder sich von deren Aechtheit überzeugen kann? Ich habe Ihnen schon vorher gesagt, dass die einfältigen Christen bei jeder Beschuldigung die dumme Frage aufwerfen: ist dieselbe wahr oder falsch? gerecht oder ungerecht? nicht aber, ist sie neu oder alt? aufgefrischt oder neugebacken? Noch mehr: auch ich habe den Eisenmenger vor Augen und suche mit begierigen Blicken die in der Ankündigung S. 24 angeführte Probe auf, kann aber, (ist es Zauberei oder Blindheit?) diese Stelle nicht darin finden; wohl finde ich aber, dass Buxtorf, den Sie selbst zu Ihrer Vertheidigung anführen und dessen Gelehrsamkeit Sie selbst anerkennen, die Seite anführt, wo sich diese Stelle im Talmud befindet und eine Uebersetzung davon verspricht, die aber nicht erschienen ist. b. Sie machen uns den Vorwurf, dass wir die Schriften des Maimonides, Nachmanides u. a. m. nicht nachgesehen hätten und daher solch grosses Gewicht auf die Agada legen. Nun fragen wir Sie und antworten Sie uns aufrichtig: Befolgen Sie denn so genau Alles, was Maimonides und gleichgesinnte Jüdische Gelehrte Ihnen vorschreiben? Lehren und lernen Sie die heilige Schrift und selbst den Talmud nach der Art, wie diese sie anempfehlen? Haben nicht spätere Rabbinen den berühmten Maimonides wegen seiner freien Aeusserungen, und vorzüglich über die Agada, verbannen und mehrere seiner Schriften verbrennen wollen? Zieht nicht der von Ihnen so hoch verehrte Rabbi Salomo Luria (1) wüthend auf ihn los? und trotz dem, dass er dessen Verdienste nicht absprechem kann, so verbietet er doch aufs strengste seinem Beispiele und seinen Meinungen zu folgen. Lesen Sie einmal den Brief dieses berühmten Maimonides an seinen Sohn, sehen Sie, was derselbe darin über die Verfasser (1) Siehe dessen Vorrede zu seinem Werke Jam schel Schlomo. des Commentars Tossefoth schreibt, wie er seinen Sohn beschwört und warnt, nicht in deren Fusstapfen zu schreiten, (1) und dennoch stehen diese Verfasser und der Commentar bei Ihnen in derselben Heiligkeit als der Talmud selbst, Sie lassen sie Ihren Kindern schon in der zartesten Jugend einimpfen und wer dieselben nicht versteht, kann anf keine Talmudische Gelehrsamkeit Anspruch machen. Was sagen Sie nun mein Herr, oder meine Herren, zu diesem Einwurfe? Können Sie dessen Wahrheit läugnen? Ist es demnach nicht weit rathsamer, wenn wir alle Beschuldigungen gegen unsern heiligen Talmud nicht mit halber Aufklärung vertheidigen, wenn wir jedem Ankläger blos antworten: wir sind gläubige Iuden, wir sind verpflichtet, Alles, was in demselben enthalten ist, blindlings anzunehmen? (Und entre nous, ist dem nicht so!) Unsere Weisen können nichts Unweises sagen, und wenn ihre goldenen (1) Beschäfftige deinen Verstand mit nichts, schreibt Maimonides an seinen Sohn, als mit meinen und des Aben Esra Schriften: denn die Bücher anderer Verfasser enthalten Unsinn und Wahn. Besonders bitte ich dich den Schriften der Französischen Rabbiner (Verfasser des Commentars Tossefoth) keinen Eingang in deine Seele zu gewähren. Diese Rabbiner sind der Schwelgerei und Gefrässigkeit ergeben und glauben, durch das Lesen im Talmud sich Gott beliebt zu machen. Lehren uns manchmal unverständlich scheinen, so liegt die Schuld nicht an ihnen, sondern an uns. Wir müssen uns erst ihre Heiligkeit und Begeisterung aneignen, (welches leider in unserer Sündenzeit nicht möglich ist.) um in die uns von ihnen entdeckten Geheimnisse einzudringen. Nur mit solchen triftigen Gründen können wir unsere Gegner niederdonnern, und wer dagegen etwas zu sagen wagt, zeugt von krassem Unglauben und stinkender Selbstsucht. c. Sie werfen uns ferner vor, dass wir die Agada buchstäblich nehmen, dass wir aus Hass nur inhumane Stellen citiren u. s. w. Hierauf antworten wir Ihnen: da Sie sich den Titel Denker aneignen, so hätten Sie auch denken und nicht vergessen sollen, dass wir in unserer Ankündigung behaupten, eine Uebersetzung des Talmuds gewähre uns auch anderweitigen vielen Nutzen hinsichtlich des Verständnisses des alten und neuen Testamentes, hinsichtlich der Astronomie und anderer Wissenschaften, indem er uns das damalige Zeitalter in mancher Hinsicht repräsentirt. Angeführte Proben sollten also weder als Beispiel der zu liefernden Uebersetzung, noch als Anklage gegen Ihre Lehren, sondern als Beleg dienen, dass sich im Talmud Stellen finden, die den erwähnten Nutzen hervorbringen können und zu gleicher Zeit den Plan anschaulich machen sollen, den wir in den erläuternden Anmerkungen und Citationen zu befolgen gedenken. (vide Projekt p. 24.) Was wüthen Sie demnach so gegen uns? was klagen Sie uns des Judenhasses an? Findet sich denn in diesen Stellen etwas, das Sie beschuldigt? Sie werden doch wohl selbst eingestehen, dass wenn Dieses unser Endzweck gewesen wäre, wir ganz andere Stellen hätten anführen können, zum Beispiel — doch Exempla sunt odiosa! O ich sehe leider ein, dass Dasjenige, was ich befürchte, eintreffen wird. Unsere Gegner werden sich gewiss aller dieser Lügengründe bedienen, und wer weiss, ob man es nicht für baare Münze annehmen wird. Sie machen zwar den Projektirern p. 11. 12. 13. die weit wichtigern Vorwürfe, dass sich die angeführte erste Probe hinsichtlich Jesu und seiner Schüler, gar nicht mehr in unserm Talmud finde, dass dieselbe nur aus einem Auszuge des Talmuds, Ain Jakob genannt, kopirt sey, dass eine Ausgabe des Ain Jacob, worin dieselbe Stelle enthalten, so selten anzutreffensey, als der Venetianische Talmud; dass ein durch seine Gelehrsamkeit überall in Achtung stehender Gelehrter behaupte, diese Stelle, so wie mehrere schon längst ausgestrichene oder ausgelassene Sütze, sey von einem Feinde der Israeliten eingeschoben worden; dass ferner dieses Mährchen der Geschichte widerspreche, indem sie uns weder einen Netser, Nakai, Bune, noch Thode nenne, und indem Matthäus erst nach dem Tode Christi das Apostolat erhalten habe. Nun ist dieses alles zwar wunderschön gesagt und giebt das glänzendste Zeugniss von Ihrer Gelehrsamkeit in der Kritik und Geschichte; doch lässt mich meine Furcht auch hierin schwarze Bilder sehen. Der grösste Theil der Stellen hinsichtlich Jesu und der Christlichen. Religion überhaupt ist zwar zu unserem Glücke in den neuen Editionen ausgelassen, doch quält mich die Angst, dass die anstatt dieser ausgelassenen Stellen gelassenen Zwischenräume nicht die Aufmerksamkeit unserer Gegner rege machen und zu manchem Unheil Anlass geben möchten. Es sind nämlich diese Zwischenräume nach dem Maasstabe der ausgelassenen Worter eingerichtet, um gleichsam den Israëlitischen Leser aufmerksam zu machen, dass hier aus Noth gestrichen wurde, und dass er sich bemühe, das Gestrichene mündlich zu vernehmen. Noch mehr, Sie behaupten: dass Feinde der Juden diese Stellen eingeschoben hätten, ich habe aber leider kürzlich in einem Werke, dessen Titel ich, unserer Sicherheit wegen, nicht nennen will, einen Brief von einer Jüdischen Synode Polnischer Rabbinen im Jahr 5391 gefunden, worin allen Gemeinden Israels anbefohlen wird, dass, da zu gegenwärtiger Zeit sich Christen mit der Rabbinischen Sprache beschäftigen und in dieselbe eindringen, man alle Stellen wider Jesus und seine Anhänger streichen, statt deren aber leere Räume oder irgend ein anderes Zeichen lassen solle, damit, wenn der Lehrer dieselben bemerkt, er seinem Schüler mündlich das Ausgelassene vortrage. Urtheilen Sie daher, wie sehr wir Ursache haben, zu fürchten, dass dieser Brief zur Kenntniss unserer Gegner komme und von ihnen durch den Druck bekannt gemacht werde. Auch wider Dasjenige, was sie von dem Ain Jacob behaupten, lässt sich so manches sagen. Sie wissen bei dem allen, dass dieses Buch das Schatzkästlein des grössten Theils unserer Glaubensgenossen ist, dass dasselbe mit Recht in grossem Ansehen steht und dass es ein höchst treuer Auszug der Agada ist. Und leider besitze ich auch ein solches Buch, worin sich diese Stelle und noch andere dergleichen befinden. Ich habe mir zwar vorgenommen, dasselbe zu verbrennen oder wenigstens ähnliche Stellen auszuschneiden! doch ist es leicht möglich, dass unsere Gegner auch eine ähnliche Ausgabe, die nicht so sehr alt ist, besitzen und dadurch beweisen, dass die Seltenheit eines solchen Werkes nicht so ausserordentlich ist, als Sie vorgeben, und dass sie nicht aus einer Uebersetzung, sondern aus eben diesem authentischen Werke überzetzt haben. Dass das Mährchen nicht mit der Geschichte übereinstimme und all die andern Einwürfe, die Sie p. 12. gegen die Authenticität desselben machen, sind gleichfalls nicht hinreichend, der geläufigen Zunge unserer Gegner Einhalt zu thun. Letztere könnten sagen, dass, wenn auch die Geschichte Christi oder das neue Testament nichts von den Schülern Jesu, die sich Netser, Nakai u. s. w. nennen, erwähnt, dieses ist doch kein Beweis sey, dass dieselben nicht existirt haben. Die Apostel berichten uns nicht Alles, was zur Zeit des Lebens Jesu, vorgefallen ist und nennen uns nicht alle seine Schüler. Auch steht doch nicht im Talmud geschrieben, dass man diese Schüler alle zum Tode verurtheilt, sondern blos, dass man sie des Todes schuldig angeklagt habe. Ferner sollte es Ihnen bekannt seyn, dass der Talmud bei den Christen keinen historischen Werth hat, und dieselben sogar nicht anerkennen wollen, dass der Kaiser Nero und Antoninus die Jüdische Religion angenommen haben, trotz dem, dass es uns unser heilige Talmud so heilig versichert, (conf. Peter Beer Geschichte der religiösen Sekten der Juden p. 234.) Und sollten die Christen nicht bei dieser ihrer Meinung beharren, wenn ein solcher Mann wie Sie (der doch keinesweges in historischer Gelehrsamkeit irgend einem Talmudisten nachsteht) den Fehler- begehen, Matthias mit Matthäus zu verwechseln? Denn nur Ersterer wurde nach dem Tode Christi anstatt Judas zum Apestel erwällt, während Matthäus schon beim Leben Jesu das Apostolat hatte. Ich habe anfänglich diese Verwechselung für einen Druckfehler gehalten, doch da Sie fortfahren, dass derselbe in Aethiopien predigte und daselbst als Mürtyrer geendet haben soll, so ist es klar, dass Ihre kritische Gelehrsamkeit, die sonst so sicher trifft, hier einen Bock geschossen hat. Sie endigen Ihre kritischen Anmerkungen über diese Probe mit den Worten: Auffallend aber bleibt es immer, dass Männer von so vielfachen Kenntnissen, als sich deren die Verfasser unmaassen, solch ein abgeschmacktes Ding u. s. w. Schon wieder etwas Abgeschmacktes! Ich habe Ihnen doch schon vorhin gesagt, dass hier die Kritik nicht auf das Neue und Alte, auf das Abgeschmackte und Gewürzreiche, sondern auf das Wahre und Falsche sieht; warum wiederholen Sie also so oft diesen Ausdruck der Abgeschmacktheit und Auffrischung! O ich fürchte, dass dieses so häufig gebrauchte Abgeschmackte, Verschimmelte und Schmacklose in ihrem Werkchen nicht am Ende ein Anstoss und Aergerniss für Sie werde. Ich gehe nun zu Ihren kritischen Bemerkungen übe, die zweite Probe p: 14, 15, 16, 17, 18, über und traun! hier zeigen Sie sich in Ihrer ganzen Grösse, in Ihrer ganzen Kraft und Fülle! hier haben Sie den Gegnern den Todesstoss gegeben. O ich sehe dieselben schon beschämt in ihr Nichts zurücktreten, das ausposaunte Projekt aus Unfähigkeitsüberzeugung aufgegeben; und sollten sie auch in ihrer Prahlerei beharren, so wird ihnen das Publikum, dem nunjetzt der Staar gestochen wurde, nicht mehr trauen. Wahrlich hätte ich es nicht mit eigenen Augen gedruckt gesehen, ich würde es nicht geglaubt haben. Männer, die eine Uebersetzung des über aller profanen Weisheit erhabenen Talmuds öffentlich anzukündigen sich erkühnen, übersetzen Ein wandernder Rabbi: Namens Bar Bar Chana, anstatt, dass es im Texte heisst, Raba der Enkel Chanas, wörtlicher Sohn des Sohnes Chanas und noch wörtlicher Sohn Sohn Chanas. Welch ein Barbarismus! Welche grobe Unwissenheit! Wie wird nicht durch eine solche Uebersetzung der Sinn des ganzen Redesatzes entstellt! Welcher Nachtheil kann nicht dadurch der Genealogie entstehen! O ich bin neugierig, wie unsere Gegner diese Schmach werden ertragen oder gar abwälzen können. Jedoch um unsern Sieg gänzlich zu vergewissern, rathe ich Ihnen, an alle unsere Gemeinden einen Befehl ergehen zu lassen, dass wer von uns von nun an etwas in einer profanen Sprache herausgiebt, nie mehr Bar Coheba, Maimonides, Nachmanides, Aben Tabon, sondern Sternensohn, Maimonsohn, Nachmansohn, Tabonsohn sehreiben solle: denn Ihrer allwissenden Gelehrsamkeit ist wohl bekannt, dass das Endwörtchen ides im Griechischen Sohn bedeutet. Sie nehmen dadurch jedes Vertheidigungsmittel aus den Händen unserer Feinde. Unvergleichlich aber, und über alle Erwartung erhaben ist die Erklärung der Allegorie des Raba Sohn Sohn Chanas, die Sie uns p. 19. 20. ertheilen. Nur einem solchen Berufenen, einem solchen Seher, wie Sie, mein Herr, oder meine Herren, sind, war es vorbehalten, in solchen schlichten, kindlich einfachen Worten solche beglückende, heilbringende Lehren herauszufinden. Sie verzeihen, wenn ich erwähnte Allegorie, nebst Ihrer originellen Erklärnng, hier nur kurz wiederhole, um sie meinem Gedächtnisse einzuprägen, und sie mir ganz eigen zu machen. Ich ging in einer Wüste, (das heisst: ich ging in verzweiflungsvollen Gedanken über das Loos der Menschen.) O wie einzig schön! da gesellte sich zu mir ein Araber. (Eine Anspielung auf das Mosaïsche Gesetz, das in einer Arabischen Wüste ertbeilt wurde.) Wer hätte das gedacht! Dieser sprach: Komm, ich will dir zeigen, wo Himmel und Erde sich kässen. (Ich will dich lehren, wodurch der Mensch den Himmel auf Erden geniessen und sich schon hienieden zu jenem Leben vorbereiten kann) Giebt es wohl etwas Erhabeneres? Ich nahm hierauf meinen Brodkorb und stellte ihn in das Fenster des Himmels, (Ich erwartete mein ganzes Glück vertrauungsvoll von der Güte Gottes,) und nachdem ich gebetet hatte suchte ich ihn vergebens. (und trotz meiner Ergebung in den Göttlichen Willen fand ich keine Belohnung.) Wer kann sich hier der Thränen enthalten über die armen, kleinlichen Menschen, denen Gott, trotz ihrer Gerechtigkeit und Ergebung, den gebührenden Lohn vorenthält. Sind etwa hier Diebe! (welche den Lohn für gute Thaten entwenden) Nein, dies ist der Laufdes wiederkehrenden Himmelsrades. (Nein, dies ist eben wie der Glanz des Firmaments; hier scheint die Sonne, hier leuchten die Sterne für den Guten eben so wie für den Bösen, das heisst: Die Tugendwird hienieden nicht immer belohnt, das Laster nicht immer bestraft.) Hat man je einen ausgedehnteren Sinn in kürzem Worten gefunden! Warte bis morgen... (erwarte eine künftige Welt, da findest du deine Belohnung.) Welch einen süssen Trost gewähren nicht die Worte Warte bis morgen dem Unglücklichen und von Leiden Niedergebeugten! Sehen Sie jenes bleiche, abgehärmte Männlein, das sich in die Nische einer Mauer hineinzwängt, um den gierigen Blicken seines Gläubigers zu entgehen! Sehen Sie, wie die Luchsaugen des Wucherers ihn doch erspähen, er auf ihn zueilt und Einkerkerung drohet? Warte bis morgen, höre ich den Schuldner stammeln; der Gläubiger berechnet die Unkosten des Processes, wird gerührt und beide scheiden getröstet von einander. Auch Sie, mein Freund oder meine Freunde, werden die Kraft dieses Sprüchleins versuchen müssen. Ich weiss, dass die böse Welt Ihnen hinsichtlich Ihres kostbaren Schriftchens nicht die gehörige Anerkennung und Würdigung zollen wird. Warte bis morgen, rufe ich Ihnen zu; in einer bessern Welt Parrt eine herrliche Belohnung Ihrer. Doch auch die Nachwelt wird schon hienieden Ihren Verdiensten huldigen und niemand Ihnen den Kranz der Unsterblichkeit entreissen können. Doch um Ihnen zu zeigen, dass auch hienieden schon das Gute iu mancher Hinsicht seine Belohnung findet, will ich Ihnen kund thun, welches Gute Ihre geniale Erklärung in mir hervorgebracht, und aus welch einem schädlichen Irrthum sie mich heraus gezogen hat. Auch ich war im Uebermuthe meines Geistes stolz auf meine Talmudischen Kenntnisse, und glaubte in seine Lehren einzudringen, wenn ich sie in der ersten Bedeutung nähme. Als mich daher ein Aftergelehrte neulich fragte: wie denn die Verfasser des Talmuds über die Erlaubniss, ein Ei, das an einem Feierlage gelegt wurde, essen zu dürfen, einen ganzen Traktat anschmieren konnten? stand ich ganz verblüfft und gleichsam versteinert. Sie wissen doch, dass der Apfel vom Talmudischen Baume des Lebens nur den Heiligen und Geweiheten geniessbar ist, den Profanen und Weltmenschen hingegen als geschmacklos und widrig vorkömmt, und nach der Behauptung unserer Rabbiner auch vorkommen muss. Was sollte ich nun dem frechen, ketzerischen Frager antworten? Jetzo aber von Ihrer Art zu erklären erleuchtet, mag mir einmal jemand solche Frage vorlegen! Uebermüthiger, würde ich ihm zurufen: Es heisst im Text: Ein Ei, das an einem Feiertage gelegt wurde, behauptet das Haus Schamai, könne verzehrt werden, das Haus Hillel hingegen, es könne nicht verzehrt werden. Wisse nur, unter einem Ei verstehet man die Welt, die so wie ein Ei oval ist und alle Keime des Lebens in sich trägt; das Wort Feiertag bedeutet im Hebräischen die Zeit der besondern Güte und Gnade Gottes, das Haus Schamai bedeutet die strenge Gerechtigkeit, denn Schamai wird im Talmud zwar als gerechter, aber auch sehr strenger Mann geschildert, das Haus Hillel hingegen bedeutet die Langmuth und Barmherzigkeit Gottes, denn nach dem Talmud war Hillel einer der langmüthigsten Menschen, der jedem zuvorkam und durch nichts erzürnt werden konnte. Der Sinn dieser ganzen Stelle würde demnach also lauten: Ein Ei, das an einem Feiertage gelegt wurde... (die Welt, die in einer besondern Zeit der Gnade Gottes von Ihm geschaffen wurde.) das Haus Schamai behauptet, es könne dasselbe verzehrt werden (das heisst: nach der strengen Gerechtigkeit Gottes konnte die Welt nicht vorihm bestehen und musste zerstört werden) das Haus Hillel hingegen behauptet, es könne nicht verzehrt werden. (das heisst, die Langmuth und Barmherzigkeit Gottes lässt Gnade vor Recht ergehen und straft die Welt nicht mit gänzlichem Untergange). Und so könnte es mir gelingen, mit Ihrer Beihülfe, den ganzen Traktat Betza mit dieser Allegorie durchzuführen, und unsere Gegner müssten eingestehen, dass alle Systeme ihrer Philosophie in unserm Talmud verborgen liegen. Die Allegorie nebst Erklärung, die Sie p: 21, 22, 23, als niederschmetternden Hieb gegen unsere Feinde von demselben Raba Sohn Sohn Chanas anführen, ist nun durchaus höchst gewürzreich und köstlich. Schade nur, dass Sie sich so kurz gefasst haben und nicht erklärten, wie so der Vogel, der bis zum Knöchel in dem Wasser stand, einen Menschen bedeute. Wäre es Ihnen doch ein Leichtes gewesen, aus einem Vogel, sey es auch blos ein Kolibri, einen Menschen herauszudrechseln! Auch halte ich nicht für rathsam, dass Sie unsere Religion nach dem Beispiele des Talmuds einem Wasser vergleichen. Sie wissen, dass dieses oft trübe ist und Schlamm und Koth mit sich führt, welches unsere Gegner vorzüglich auf unsern Talmud selbst anwenden könnten. Sie wiederholen p. 23, 24. mit einem bewundernswürdigen Lakonismus alle die gerechten Vorwürfe, die Sie unsern Gegnern machen und ermahnen sie, (o musterhafte Herzensgüte!) künftig ähnliche sichtbare Fehler zu vermeiden und sich keines Ausdruckes zu bedienen, der zur Freigeisterei Anlass geben könnte. Ueber diesen Vorwurf der Freigeisterei lassen Sie sich p: 5, 6, 7. ausführlich aus. Ich sagte Ihnen früher nichts darüber, weil mir derselbe nicht zur Sache gehörig erschien und mir daher von Anfang sehr missfallen hat. Sie wissen, dass wir bei jedem öffentlichen Schritte, der das Wohlunserer Nation anbelangt, höchst vorsichtig seyn und keinen Anschein von Rachgier, Verläumdung oder sonst bösartigem Willen geben müssen. Wenn Sie sich demnach zu Persönlichkeiten, zu einer Art von Denunciation herablassen, so verliert unsere gerechte Sache dadurch ungemein, und haben Sie doch so deutlich die totale Unfähigkeit der Projektirer bewiesen, was wollen wir also über ihren Charakter richten? Sie gestehen auch selbst, dass Sie das berüchtigte Projekt in Polnischer Sprache gelesen, und lautet nicht dort die Stelle über das Gesetz Mosis: Jakoż dowiedzioną iest rzeczą, że Moyżesz ten natchniony prawodawca uczuł etc.? Müssen wir ja selbst eingestehen, dass dasselbe mehreren Veränderungen unterworfen ist, nicht hinsichtlich der Glaubens - und Moralgesetze, sondern hinsichtlich der Local-und selbst der Ritualgesetze. Und so will ich nun hiemit meine wenigen Anmerkungen schliessen, mit der inständigsten Bitte, dieselben eher meiner Unwissenheit, (die ich selbst eingestehe,) als irgend einer bösen Absicht zuzuschreiben. Sind dieselben ja nur ein Tropfen gegen den Ocean des Vortrefflichen und Tadellosen, der sich in Ihren kritischen Anmerkungen ergiesst. Auch muss wohl jeder Unpartheische eingestehn, dass man in dem kleinen Zeitraume von 9 Monaten kein ganz vollkommenes Werkchen von 24 Seiten schreiben kann. Seyn Sie demnach versichert, dass niemand Sie mehr würdigt und Ihre Verdienste gebührend anerkennt, hr ganz ergebener E. M, E. einer von den aufrichtigen Israeliten. N. S. A propos, Sie haben am Ende Ihres Schriftchens den Projektirern mit dem Vorschlage, eine Uebersetzung des Traktats Erubin binnen einem halbei Jahre zu liefern, eine harte Nuss zu knacken gegeben, und wahrscheinlich haben auch Sie sich die Zähne ein wenig stumpf daran gemacht. Schade nur, dass Sie nicht unsern Gegnern zu gleicher Zeit die Druckkosten angeboten haben, um ihnen dadurch jede Ausflucht zu versperren! Za pozwoleniem cenzury.